Archivierungspflichten |
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Gesetzliche Grundlagen:
Verpflichtungen und Risiken des Managements
Übersicht:
- KonTraG
- weitere gesetzliche Regelungen
- Aufbewahrungsfristen
- Merksätze
- Zusammenfassung
KonTraG - Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich
von 1998 in Verbindung mit (§91 Abs.2 AktG, §317 Abs.4 HGB, § 321 Abs,4 HGB)
- Der Vorstand ist verpflichtet, zur Überwachung ein Risiko-Management-Svstem (RMS) einzurichten, um gefährdende Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Auf die Ausstrahlung anderer Gesellschaftsformen und der Pflichtenrahmen, z.B. einer GmbH und ihrer Geschäftsführer, ist auszugehen.
- Die Früherkennung betrifft alle Unternehmens-Risiken. Eine Analyse nur der vergangenheitsbezogenen Daten des Rechnungswesens genügt nicht, um die stetig dynamischer werdenden Unternehmensprozesse zu steuern. Ausschlaggebend sind die operativen Erfolgsfaktoren des Betriebs.
Z.B.: Mit welchen Produkten, mit welchen Kundenzielgruppen, in welchen Märkten, über welche Vertriebskanäle erzielt das Unternehmen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft renditefähige Umsätze?
Welche Folgen hat diese Entwicklung?
- KonTraG setzt Umdenkungsprozesse in der Wirtschaft in Gang.
- Unternehmensrisiken betreffen z.B. die Bereiche:
Betrug, Wirtschaftsspionage, Gebäudeschutz, Rechnerschutz, Datenschutzbeauftragte, Produktion, Lagerbestand, Umwelt, Gewährleistungen, Währungsrisiko, Marketing/Vertriebsaktivitäten usw.
- O.g. Risiken müssen individuell identifiziert und durch Frühwarnindikatoren festgelegt werden. Es müssen Soll-Werte und Toleranzgrenzen bestimmt werden, die vom Management permanent mit dem Ist-Zustand zu vergleichen sind.
- Kapital- und Kreditgeber sind verpflichtet, die Ergebnisse o.g. Werkzeuge zu verlangen!
- Die Einführung und Umsetzung des Risiko-Management-Systems nach den Bestimmungen des KonTraG ist von unabhängigen Wirtschaftsprüfern im Rahmen der Jahresabschlussprüfung festzustellen.
- Banken als Kreditgeber erwarten die Ergebnisse kontinuierlich.
Bestehende Rechtsauffassung:
- "E-Mails sind aufzubewahren, wenn sie dem Begriff des Handelsbriefs entsprechen"
(Beck'scher Bilanzkommentar 1999, 257, Rn 15; Adler/Düring/Schmaltz 1995, 257, Rn 34, 4. Absatz; u.a.)
- "Ein Schriftstück betrifft ein Handelsgeschäft, wenn es seine Vorbereitung, seinen Abschluss, seine Durchführung oder seine Rückgängigmachung zum Gegenstand hat."
(Bonner Handbuch der Rechnungslegung, 257, Rn 34)
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Archivierungspflichten aus dem Handelsrecht
- Jeder Kaufmann (GbR, GmbH, AG) hat nach § 257 Abs. 1 HGB die Pflicht zur geordneten Aufbewahrung von geschäftlichen Unterlagen.
- Hierzu gehören Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, empfangene und versandte Handelsbriefe, Buchungsbelege.
- Dabei ist der Begriff des Handelsgeschäftes nach der Rechtsprechung des BGH weit definiert. Es genügt ein entfernter, lockerer Zusammenhang mit betrieblichen Interessen zum Beispiel Angebot, Annahme, Auftragsbestätigung, Mängelrüge, Arbeitsverträge, Bau von Gebäuden usw.
- Nicht umfasst sind lediglich reine Privatgeschäfte des Kaufmannes.
Archivierungspflichten aus dem Steuerrecht
- Die vorsätzliche Verletzung von gesetzlichen Aufbewahrungsfristen ist gemäß § 283 b Abs. 1 Nr. 2 StGB - sofern Zahlungseinstellung oder Insolvenz vorliegen - mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.
- Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit trifft eine Strafbarkeit nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB zu.
Anmerkung zu den GoBS:
Des weiteren gelten die Regelungen der GDPdU, sowie der AO und weitere, teils branchenspezifische Regelungen des Gesetzgebers.
Generell ist dabei sicherzustellen:
- die Übereinstimmung mit dem Original
- die jederzeitige Verfügbarkeit und Lesbarkeit
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Es gelten die folgenden Aufbewahrungsfristen:
- Handelsbriefe - 6 Jahre lang, § 257 Abs. 4 HGB
- Im übrigen (Handelsbücher, Bilanzen, Lageberichte, Buchungsbelege usw.) - 10 Jahre lang, § 257 Abs. 1 Nr. 1 und 4 HGB
- Fristbeginn: erst am Ende des Jahres, § 257 Abs. 5 HGB
- Sonstiger Unterlagen soweit sie für die Besteuerung bedeutsam sind, § 147 Abs. 1 AO
- Die weiteren steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen bleiben unberührt.
Neben Handels- und Steuerrecht existieren eine ganze Reihe weiterer Aufbewahrungspflichten:
- Alle gesetzlichen Bestimmungen, die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung gewähren - so etwa §§ 259, 666, 667 BGB
- Vorlegungspflichten und Beweislast im Prozess
- Bei Verletzung, nach § 444 ZPO wird ohne Beweisverfahren der vom Gegner behauptete Vortrag als bewiesen angesehen, OLG Düsseldorf
- Bei Verletzung von Aufbewahrungspflichten droht Prozessverlust
- Bei Fristsetzung des Gerichts, muss rechtzeitiger Zugriff auf Archivdaten gewährleistet sein, ansonsten droht Ausschluss des Vortragsrechts (Präklusion)
- Ordentliche Geschäftsführung erfordert: Grundsätzliche Aufbewahrungs- und Archivierungspflicht - etwa die gesamte e-mail Korrespondenz, Protokolle von Meetings, Entwürfe und Notizen aller Art etc. - die im Streitfall gebraucht werden könnten.
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Merksätze zur digitalen Archivierung:
- Ein Dokument muss unveränderbar archiviert werden.
- Ein Dokument darf auf dem Weg in das Archiv oder im Archiv selbst nicht verloren gehen.
- Ein Dokument muss wieder auffindbar sein und zeitnah gefunden werden können.
- Genau das Dokument muss wieder gefunden werden, das gesucht worden ist.
- Ein Dokument darf während seiner vorgesehenen Lebenszeit nicht zerstört werden können.
- Ein Dokument muss in der Form, in der es erfasst wurde, wieder angezeigt werden können.
- Das System muss die gesetzlichen Bestimmungen (BDSG, HGB, AO etc.) sowie die betrieblichen Bestimmungen des Anwenders hinsichtlich Datensicherheit und Datenschutz über die Lebensdauer des Archivs sicherstellen.
Allgemeine Merksätze und Bestimmungen:
- Nachträgliche Änderungen von Buchungsbelegen sind nicht zulässig.
- Online-Rechnungen sind qualifiziert elektronisch zu signieren.
- Bei anderen Online-Belegen können durch die Kommunikations-Partner einfache oder fortgeschrittene Signaturen verabredet werden.
- Aufbewahrungsfristen (10 oder 6 Jahre, jedoch in Teilbereichen bis zu 30 Jahren)
- Aufbewahrungsorte von Buchungsbelegen werden mit "Inland" bestimmt. Sie sind dem Finanzamt unaufgefordert schriftlich mitzuteilen. Vorsicht: Der Aufbewahrungsort "Inland" wird nicht in der AO, sondern nur in der Steuergesetzgebung geregelt.
- Nachweis über die Echtheit und Unversehrtheit der Daten ist erforderlich. Das bedeutet auch, dass steuerrelevante e-mail nicht gelöscht werden dürfen.
- Papierrechnungen auf Thermopapier sind als Kopie zu konservieren.
- Anordnungen bei Speicherungen auf Datenträger (z.B. unverzügliches zur Verfügung stellen von lesbaren Belegen an das Finanzamt. Die Kosten sind vom Steuerpflichtigen zu tragen).
- Das Kryptographieren von Daten ist gesetzlich nicht angeordnet. Ist sogar in einigen Ländern unter Androhung von Strafe verboten.
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Zusammenfassung zu beachtender Gesetze und Verordnungen:
- Umsatzsteuer Gesetz § 14 b
- Umsatzsteuer Richtlinien 190 b, Abs. 2, 5, 6, 7, 8, 9, 10
- Abgabenordnung (AO) §§ 146, 147, Abs. 2 und 3, § 200
- Schreiben Bundesfinanzministerium (BMF) vom 01.02.1984 BStBl. IS. 155 ( 1 ) einschließlich der Microfilm - Grundsätze sowie den Grundsätzen ordnungsmäßiger, DV - gestützter Buchführungs- Systeme - GoB, Anlage zum BMF - Schreiben vom 07.11.1995 Bundessteuerblatt (BStBL. IS. 738 ( 1 ))
- BMF - Schreiben vom 16.07. 2001. Grundsätze für die Anwendung der Regelungen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) BStBl. IS. 415 ( 2 )
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) §§ 126 ff, 127, 128, 311 b
- Signatur Gesetz
- Bundesdatenschutz Gesetz (BDSG)
- Gesetz über den Datenschutz bei Telediensten (TDDSG)
- Gesetz über die Nutzung von Telediensten (TDG)
- KonTra Gesetz
- § 257 Abs. 1 HGB
- Strafgesetzbuch §§ 149, 202 a, 203, 204, 206, 243, 263 a, 298, 303 a/b
- Basel II (Verordnung der Banken zur Kreditbeschaffung)
- Euro-SOX
Branchen, bei denen qualifizierte elektronische Signaturen verlangt werden:
- Branchen unabhängig: Online-Rechnungen
- Gerichte, Notare, Rechtsanwälte: (siehe Justiz Gesetzgebung)
- Kliniken, Ärzte, Apotheken, Krankenkassen u.s.w.: (siehe Sozial Gesetzbuch)
- Baufirmen, Handwerker, Handel (siehe VOB/ VOL u.s.w.)
[mit freundlicher Unterstützung von intellicomp/ Christian Nowitzki]
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